Nurdem, ich liebte deine innere Farbe!

CATHERINE SCHLÄPFER

Bern – Wer bist du? Die fantasievolle, leicht verträumte Nurdem, die sehnsüchtig darauf wartet 18 und unabhängig zu werden? Ünal, ihr kleiner Bruder, der bald über Mutter und Schwester „regieren“ wird? Die Alleinerziehende „Abla“ Esra, die ihren Kopf durchgesetzt hat und nun fern von der Familie das Leben bestreiten muss?

Nein?

Bist du etwa die Mutter, welche Konflikte zwischen den Familienmitgliedern auf diplomatische Art  entschärfen kann?

Oder bist du der verfangene Vater, der beschäftigt ist, sein Gesicht  zu bewahren und immer gesellschaftlich regelkonform zu bleiben, auch wenn es ihm das Herz bricht?

Egal wo man sich befindet und welche Charaktere man annimmt, jeder von uns wird sich hinein fühlen können, zumindest bis hier…

Nurdem… Du hast auf deine Träume verzichtet, um eine Chance zu bekommen, eines Tages dein eigenständiges Leben gestalten zu können. In deiner Flucht nach vorne hast du deinen Vater hintergangen. Damit hast du deine Mutter und deine Schwester in Schwierigkeiten gebracht. Auch Kenan, ein Freund der Familie, wurde involviert. Alle, die dir geholfen haben, sind Risiken eingegangen. Doch ehrlich gesagt, was hättest du für Alternativen gehabt?

Nun, das Internat hat dich. Du hattest es dir aber nicht so vorgestellt! Schleichend webt die Spinne ihr Netz, mit Hilfe der mehr oder weniger freiwilligen Mitläuferinnen. Und ähnlich wie in einem Gefängnis, wer rebelliert erfährt strengere Massnahmen. Bis uns der Tod scheidet oder bis dein Willen gebrochen ist, was das Gleiche bedeutet.

Nurdem… ich liebte deine innere Farbe und deine Zukunftspläne; deine Träumereien und deine philosophischen Fragen; deine Fähigkeit, dich von dir zu „entfernen“ um nicht unter so viel Leid zu brechen. Ich habe bei jeder Seite das Gefühl bekommen, ich könne mit verfolgen wie dein Feuer nach und nach an Intensität verlor und nur noch als winzig kleine Flamme wahrzunehmen war. Das warst nicht mehr du!

Mit Hilfe oder Nachdruck von wohlgesinnten Freunden hast du es geschafft, deine Ausbildung abzuschliessen und in die nach wie vor konditionierte „Freiheit“ zurückzukehren um halbherzig den, nur als Alternative gewählten Beruf nachzugehen. Doch zu welchem Preis? Alles umsonst?

Lieber Niemand, du bist der Ausgewählte. Derjenige, welcher der Geschichte ein anderes Ende schreiben kann… Du, der einen ähnlichen Traum woanders ausleben wollte… und nie ankam. Du bleibst der Treue, der „Zur-Seite-Stehende“ solange es dein Leben erlaubt.

Danke für Nurdem, aber auch für alle Andere: Ayla, Emel, Elif…